Weniger Stellen nach Pilotphase?

Schleswig-Holstein evaluiert „LSBTIQ*-Ansprechstelle“

Jens Puschmann präsentiert den extra umgestalteten Streifenwagen Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (Foto: J. Puschmann)
Jens Puschmann präsentiert den extra umgestalteten Streifenwagen Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (Foto: J. Puschmann)
Im Mai 2018 freute sich die LSU: Als ein Ergebnis ihrer Kampagne „Nein zur Hassgewalt“ hat Schleswig-Holsteins damaliger Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erklärt, im nördlichsten Bundesland werde jetzt ein Pilotprojekt mit einer Ansprechstelle für LSBTIQ* bei der Landespolizei initiiert. In den vergangenen Wochen lief die Evaluation des Projekts, dessen Gesicht Jens Puschmann ist. Über die Ergebnisse wird aktuell diskutiert.

Mit einem einjährigen Pilotprojekt wurde im Weiteren die aktive Arbeit im polizeiexternen sowie auch polizeiinternen Netzwerk durch die Einrichtung der Zentrale Ansprechstelle LSBTIQ* aufgenommen. Besetzt mit zwei Ansprechpersonen im Hauptamt, Jens Puschmann und Tobias Kreuzpointner, wurden Kontakte und Vertrauen in der Community aufgebaut und die eigene Funktion in der Polizei bekannt gemacht. Gesamtpolizeiliches Ziel war es, einen Beitrag dafür zu leisten, dass Straftaten zum Nachteil dieser Minderheitengruppe vermehrt angezeigt werden (Dunkelfeldaufhellung) und Opfern zügiger Hilfe angeboten wird. So konnte es der Landespolizei Schleswig-Holstein besser gelingen, aktiv einen wichtigen Beitrag zum Opferschutz für Geschädigte mit LSBTIQ*-Hintergrund zu leisten.

Die Einrichtung der Zentralen Ansprechstelle LSBTIQ* habe sich in der jetzigen Form bewährt, heißt es aus Kreisen der Polizeigewerkschaft. Die Ansprechpersonen hätten sich in der LSBTIQ*-Community in Schleswig-Holstein erfolgreich vernetzt. Durch vertrauensbildende Maßnahmen und anwachsenden Bekanntheitsgrad in den sozialen Medien hätten mehr Opfer von LSBTIQ*-Straftaten Anzeigen erstattet. Polizeiintern seien die Ansprechpersonen nach den Informations- und Fortbildungsveranstaltungen bei Auszubildenden, Studierenden und dem Bestandspersonal zunehmend häufiger angefragt worden.

Die Ansprechpersonen selbst stellten fest, dass viele Menschen in der Community ein gespaltenes Verhältnis zur Polizei haben. Aus ihren Schilderungen wurde bekannt, dass nicht alle positive Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben und sie als „Freund und Helfer“ sehen beziehungsweise sehen können. Immer noch wirkt die Verfolgung homosexueller Männer gemäß Paragraph 175 Strafgesetzbuch  nach und hat keinen positiven Beitrag für das Image der Polizei geleistet, wissen Betroffene zu berichten.

Mit dem schleswig-holsteinischen Pilotprojekt sei ein Beitrag für mehr polizeiliche Sichtbarkeit in der Fläche geleistet werden, schlussfolgert man in Gewerkschaftskreisen. Durch die vertrauensbildenden Maßnahmen wuchsen die Akzeptanz und das Ansehen für die Ansprechpersonen und für die Landespolizei innerhalb der Community. Das zeige, dass das bislang gestörte Verhältnis zur Polizei teilweise korrigiert werden konnte.

Allerdings: Die schleswig-holsteinische Polizeiführung beabsichtigt offenbar, nach der Pilotphase nur noch einen von zwei hauptamtlichen Ansprechpersonen weiter zu beschäftigen. Mit dieser Entscheidung wird das bewährte Arbeitsmodell beendet. Vergleichbar arbeiten die Polizeien in Hamburg und Berlin seit Jahren erfolgreich mit zwei hauptamtlichen Ansprechpersonen. In Niedersachsen gibt es insgesamt zehn Polizistinnen und Polizisten, die zumindest mit einem gewissen Stundenkontigent als LSBTI-Ansprechpersonen in ihrer jeweiligen Polizeidirektion eingesetzt sind. Die LSU in Niedersachsen hofft, dass die Verantwortlichen in Schleswig-Holstein ihre Entscheidung noch einmal überdenken, und auch künftig die LSBTIQ*-Kontaktstelle mit mehr als einer Stelle besetzen. Auch ein dezentrales Konzept wie hierzulande ist zu bedenken.

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